Am Scheidtmanntor

 

Schmiede Klinkhammer am Scheidtmanntor
Schmiede Klinkhammer am Scheidtmanntor

Wenn ich heute an meine Kindheit und das Scheidtmanntor zurückdenke kann ich mich nicht wirklich erinnern wo ich mich wohl häufiger aufgehalten habe. Beim Schuster oder in und an der Schmiede. Klar, da gab es noch mehr am Scheidtmanntor, das kaputte Haus eben dem Schuster, in dem man so schön stöbern und verstecken spielen konnte, in dem sich angeblich öfter „Landstreicher“ versteckten, indem wir auch mal einen verrosteten – wie sich dann herausstellte – Trommelrevolver fanden, der, nachdem der Fund heraus gekommen war, umgehend in der Mülltonne verschwand. Die Straßenbahnschienen auf die Nägel gelegt werden konnten, die nach dem überfahren durch die Bahn platt und heiß waren. Dann der kleine Vorplatz, den der tiefer gelegene Eingang in das Haus am Eingang zum Röpergraben bildete wo wir unsere Drachen zusammen leimten. Natürlich der Hundezwinger „Von Münchhausen“ in dessen umzäunten Gehege neben den ausgewachsenen gefleckten Doggen oft auch Welpen und – wie seltsam – auch Meerschweinchen zu sehen waren. Nein, ich entscheide mich praktischerweise für beide. Im Winter für die Schusterei, wo in der winzigen Werkstatt kaum Platz für den Kunden war wenn er abgelaufene Schuhe brachte oder das reparierte Schuhwerk Abholen kam. Leder oder Gummi? Mit Eisen oder ohne? Am Absatz reichen nochmal Ecken! Dazu ein paar Worte tägliches Einerlei. Beim Abholen ein ähnlicher Ablauf. Sätze wie „das ist ja wieder Gut geworden, Meister!“ oder „Meinen Sie es würden beim nächsten Mal noch mal hin bekommen?“ wurden mit einem freundlichen Danke oder eine „Muss man sehen“ bedacht, dem ein weiteres Danke für das Entgelt folgte. Danach wieder stille, der Meister hockte auf seinem Schemel hinter der winzigen Werkbank, hatte wieder das Dreibein auf seinem Knie gestellt das nur von einem Stoffpäckchen, der dicken Lederschürze und den Cordhosen – wir sagten damals Manchesterhosen – vor den Schlägen des Schusterhammers geschützt wurde wenn die kleinen Holzstifte oder auch kleine Schusternägel in Sohle oder Absatz geschlagen wurden. Der Geruch vom Schusterleim hatte sich in die ganze Einrichtung gekrallt und in Verbindung mit dem Duft von Leder und dem strengen Geruch von abgeschliffenem Sohlengummi ergab sich ein ganz eigenes Aroma. Wenn dann im Winter der Kanonenofen bullerte über und neben dem allerlei Mobiles sich in der aufsteigenden Hitze bewegten stand ich zwischen der Schuhpresse und dem Ofen eingeklemmt in der Ecke und schaute dem Meister andächtig zu wie er sich mühte aus den oft ausgetretenen Latschen wieder ansehnliches Schuhwerk zu machen. Anders beim Schmied. Hier war es immer Laut, egal ob Schmied und Geselle dem Amboss die Musik entlockten oder ob laute Befehle den Gesellen zur Eile riefen damit das Eisen schnell genug auf die den Huf des nervösen Pferdes kam. Wie laut des Geschreis von Schmied und Pferdebesitzer wenn das Pferd auskeilte, das Eisen zu Boden gefallen war oder die Farbe des Metalls nicht stimmte. Oft kam ich in solchen Tagen mit Ruß beschmiert und halb Taub nach Hause, hatte aber angeblich glänzende Augen. Schuster oder Schmied bin ich trotz aller Begeisterung dennoch nicht geworden.

 

Bilder vom Scheidtmanntor

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